Mein Lebensweg als Arzt und Mediziner
„Die Medizin ist eine Naturwissenschaft. Aber das Arzttum ist keine Naturwissenschaft, sondern das Arzttum ist das Letzte und Schönste und Größte an Beziehungen von Mensch zu Mensch. Das Arzttum ist das Königliche. Die Naturwissenschaften sind die Minister dieses Königs, die dienen müssen und nicht herrschen dürfen.“
Ferdinand Sauerbruch
Die Medizin entdeckte ich während meiner Grundausbildung in der Bundeswehr. Zuvor hatte ich bereits verschiedene Ausbildungswege beschritten. Aus einer Technikerfamilie stammend, hatte ich eine Ausbildung zum Betriebsschlosser absolviert und dann ein Ingenieurstudium anvisiert. Um schließlich doch etwas mehr Freiheit in der Berufswahl zu gewinnen, entschied ich mich dafür, zunächst das Vollabitur nachzuholen. Dabei entdeckte ich meine Stärken im Bereich Mathematik und Volkswirtschaft und begann schließlich das Studium der Volkswirtschaft an der Universität Köln. Dies fand jedoch bereits nach Ende des ersten Semesters ein jähes Ende: die Bundeswehr stellte mich in ihren Dienst.
Während der Grundausbildung bei der Bundeswehr merkte ich sehr schnell, dass ich lieber Menschenleben retten als vernichten wollte und wechselte in den Sanitätsdienst. Nach meiner praktischen Ausbildung zum Betriebsschlosser und meiner theoretischen Vorliebe zur Volkswirtschaft fand ich nun in der Medizin die gelungenste Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Bis heute schätze ich es sehr, dass die Medizin einerseits einen hohen theoretischen Anteil hat, der in der fortwähren den Beschäftigung mit den zahlreichen, zugrunde liegenden Wissensgebieten liegt, sowie andererseits einen hohen praktischen Anteil, der vor allem in der Behandlung von Patienten seinen Ausdruck findet.
Nachdem ich mich bei der Bundeswehr vor allem mit körperlichen Erkrankungen und Verletzungen zu beschäftigen hatte, beschloss ich danach, zunächst für ein Jahr Erfahrungen als Pfleger in der geschlossenen Psychiatrie zu sammeln, bevor ich mich um einen Studienplatz für Medizin bemühen wollte. Mit diesen beiden Erfahrungen, bei der Bundeswehr und in der Psychiatrie, war die Basis für meinen späteren, ganzheitlich-medizinischen Lebensweg gelegt.
Das Medizinstudium absolvierte ich an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Dabei legte ich die Schwerpunkte in den Bereichen Hämatologie , Pathologie und Gerichtsmedizin. In letzterem Fach promovierte ich an der Universität Heidelberg.
Meine Facharztausbildung fand vornehmlich im internistischen Bereich statt, begleitet von psychotherapeutisch und psychologisch orientierten Zusatzausbildungen. Als sich in der Nähe meiner Ausbildungsklinik die Gelegenheit bot, eine Landarztpraxis zu übernehmen, nahm ich diese wahr. Ich baute die Praxis zu einer gemütlichen und komfortablen, jedoch zugleich auch technisch sehr anspruchsvollen, ganzheitlich orientierten Praxis aus.
Neben der Grundversorgung der Patienten im somatischen und psychosomatischen Bereich bot ich in meiner Praxis ein breites internistisches Spektrum an, darunter verschiedene endoskopische Verfahren und Ultraschallverfahren. Darüber hinaus war ich als ärztlicher Berater für eine private psychiatrische Klinik tätig. An den Abenden wurden in meiner Praxis psychotherapeutische Gruppentherapien durchgeführt. Außerdem leistete ich, nach erfolgreicher Ausbildung zum Rettungsarzt, beim Einsatz verschiedener Rettungsmittel wie z. B. Rettungshubschraubern, Notarztmotorrädern und Notarztwagen ärztliche Hilfe.
Die Tätigkeit als Arzt in einer großen Landarztpraxis führte, trotz durchschnittlich rd. 100 Wochenarbeitsstunden (oder vielleicht gerade deshalb), zu einer größeren Nähe zu den Patienten, als dies in anderen Facharztpraxen üblicherweise der Fall ist. In einer solchen Landarztpraxis wird nicht nur der Mensch mit seinen Symptomen behandelt, sondern der Kranke wird stets ganzheitlich gesehen, im psychosozialen Mittelpunkt seiner Familie und seines Arbeitsumfeldes. Aus dieser Konstellation heraus entstand bei mir schon nach kurzer Zeit das Bedürfnis, nicht nur die herkömmlichen Mittel der Medizin einzusetzen, sondern auch alternative Heilverfahren zu verwenden. Nachdem ich einige erfolgreiche Erfahrungen mit naturheilkundlichen und homöopathischen Mitteln gemacht hatte, traf ich bei einer Akupunkturvorlesung an der Universität Hannover einen befreundeten Kollegen, der mir von sensationellen Behandlungsergebnissen mit Akupunktur bei chronisch kranken Patienten berichtete.
Chronisch kranke Menschen haben meist über viele Jahre hinweg Diagnostik- und Therapie-Odysseen hinter sich gebracht, um dann jegliche Hoffnung auf dauerhafte Besserung und Heilung aufgeben zu müssen. Eine Situation, die zwangsläufig auch psychosoziale Veränderungen mit sich bringt, die schulmedizinisch nicht immer aufgefangen werden können. Arbeitsunfähigkeit, Einschränkung im Lebensalltag, nicht zuletzt der Verlust des Lebenspartners, der die Umstände einer chronischen Krankheit nicht mehr mittragen kann, sind einige von vielen Faktoren, die in ihrer Vernetzung zu einer Art Teufelskreis führen. Selbst ein engagierter Hausarzt kann im Rahmen seiner kassenärztlichen Möglichkeiten und Zeitvorgaben einer solchen Klientel nicht immer gerecht werden. Also habe ich den positiven Eindruck meines Kollegen von der Akupunktur für mich umgesetzt und mich nach Ausbildungsmöglichkeiten für diese Disziplin in Deutschland umgesehen. Da ich eine Ausbildung in mehreren Teilen, an einzelnen Wochenenden, nicht gutheißen konnte, entschloss ich mich für eine Blockausbildung in einem Stück an der chinesischen Akupunkturausbildungsstätte dem Acupuncture Institute of China Academy of Traditional Chinese Medicine – WHO Collaborating Centre for Traditional Medicine, China Beijing International Acupuncture Training Centre Peking.
Als eher konservativer, internistisch orientierter Arzt tat ich mich zunächst einmal schwer, mich in die Denkweise der chinesischen Philosophie einzuarbeiten. Immer wieder ertappte ich mich dabei, insbesondere bei der Diagnostik, in meine westlichen Vorgehensweisen zu flüchten. Es war wirklich schwierig für mich, z. B. bei dem Verdacht auf eine Lebererkrankung dem Patienten nicht gleich auf den Oberbauch zu fassen, sondern, gemäß chinesischer Untersuchungstechniken, vielmehr den Puls zu ertasten und auf die Zunge zu schauen. Alles war irgendwie fremd, aber jeden Tag zeigten mir die chinesischen Experten auf‘s Neue, wie man auf ihrem Weg zur Basis einer Erkrankung gelangt und durch Nadelstiche selbst aussichtslose Krankheiten überzeugend beeinflussen kann. Dabei war es sehr respekteinflößend, mit welcher Sicherheit die chinesischen Professoren ihre Nadeln platzierten. Mein Glück war es, mit meinem Lehrer, Prof. Zheng, einen der ältesten noch aktiven Praktiker erleben zu dürfen, der nicht nur mit schier unendlichem Wissen und Erfahrung beeindruckte, sondern auch durch eine entspannende Heiterkeit im Umgang mit seinen Patienten und Schülern auffiel. Zur Zeit meiner Ausbildung fertigte er noch jedem seiner Schüler eine Kalligraphie an, in der er nicht nur vermitteltes Wissen bescheinigte, sondern auch den Wunsch, dass die erlernten Fähigkeiten in die Welt hinausgetragen werden.
Der chinesische Ausbildungsalltag bestand darin, morgens von 8 bis 12 Uhr in verschiedenen Ambulanzen und bei verschiedenen Ausbildern Erfahrungen zu sammeln, und nachmittags dann von hochkarätigen Experten mit der Theorie versorgt zu werden. Dabei ermöglichte der morgendliche, praktische Teil die besten Chancen, in einen persönlichen Dialog mit den chinesischen Professoren zu treten. Stimmte die Chemie, bekam man von ihnen Wissen und Fertigkeiten vermittelt, die in keinem Buch standen.
Der Höhepunkt der praktischen Ausbildung bestand in der Anwesenheit bei einer Schnittentbindung in einer Klinik. Wir wurden in einen Raum über den OP-Saal geführt, von dem aus wir durch eine große Glaskuppel direkt auf den OP-Tisch blicken konnten. Dort lag eine junge Chinesin, wach und bei vollem Bewusstsein, die offensichtlich darauf wartete, dass ihr Kind von den Gynäkologen mit dem Skalpell auf die Welt gebracht werden sollte. Die Räumlichkeit ähnelte durchaus den mir gewohnten, westlichen OP-Einrichtungen, doch war sehr auffällig, dass kaum anästhesistische Apparaturen vorhanden waren. Stattdessen hatte bereits ein Akupunktur-Experte zwei ca. 40 cm lange Nadeln rechts und links von der zu erwartenden Schnittführung unter der Haut platziert (die Chinesen schneiden längs, vom Schambein bis zum Bauchnabel, und nicht wie im Westen den „Bikini-Schnitt“, quer, der gleich mehrere Meridianverläufe durchtrennt). Zusätzlich steckten Nadeln an den Händen und an den Knien. An alle Nadeln waren Drähte angeschlossen, was darauf schließen ließ, dass elektrische Impulse über die Nadeln den Schmerz fast völlig unterdrückten. Jedenfalls zeigte die junge Mutter keinerlei Schmerzreaktion, als man ihr den Bauch öffnete und ihr das Baby in die Arme legte. Später erfuhr ich, dass zusätzlich zur Akupunktur durchaus auch Schmerzmittel gespritzt werden. Aber allein mit Schmerzmitteln lässt sich sicherlich keine Operation bei vollem Bewusstsein am offenen Bauch durchführen. Diese Erfahrung hat maßgeblich dazu beigetragen, meinen Respekt vor der chinesischen Medizin aufzubauen.
Wieder zu Hause angekommen, hatte ich das Gefühl, vom Mond wieder auf der Erde gelandet zu sein, so fremd war der Eindruck, den China und seine Medizin damals bei mir hinterlassen hatte. Um zu überprüfen, ob ich nun wirklich etwas in China gelernt hatte und ob das Gelernte nicht nur bei Chinesen wirkt, bestellte ich mir am folgenden Wochenende jeweils zehn Patienten pro Tag in meine Praxis und behandelte sie kostenlos mit Akupunktur. Und erstaunlicherweise stellte ich fest: es wirkte! Von da an hatte mich die chinesische Medizin vollends gepackt.
Als Basis für meine zukünftigen Erfahrungen und Behandlungserfolge diente mir nicht nur das in China Erlernte, sondern auch die gesamte für mich in Peking erreichbare, in englischer Sprache veröffentlichte Literatur zum Thema Akupunktur, aber auch zu allen anderen Themen der chinesischen Medizin (Kräuter, Tai Chi, Qi Gong, Tuina, Diätetik). Schnell erweiterte sich mein Ruf vom Naturarzt zum Akupunkturarzt. Während ich in meiner Kassenarztpraxis Patienten aus einem Umkreis von ca. 15 km versorgte, hatte ich nun Patienten aus einem Umkreis von mehr als 50 km, die von mir genadelt werden wollten. So bekam ich die große Chance, immer mehr Erfahrungen in der Akupunktur zu sammeln.
Aufkommende Fragen zu seltenen und komplizierten Erkrankungen, die nicht durch meine gesammelte Literatur beantwortet werden konnten, wurden durch weitere Ausbildungsaufenthalte in China beantwortet. Begleitend dazu habe ich mich sowohl in China als auch bei chinesischen Professoren in Deutschland in Tai Chi, Qi Gong, Kräuterheilkunde, Tuina-Massage und Diätetik ausbilden lassen.
Im Prinzip lief alles gut. Mein diagnostisches und therapeutisches Spektrum war mit der chinesischen Medizin perfekt ergänzt. Ich hatte zufriedene, gesunde, ganzheitlich betreute Patienten, und auch wirtschaftlich ging es mir gut. Dann kam der Anruf. An einem Mittwochnachmittag, an dem Ärzte nur selten in ihrer Praxis anzutreffen sind, klingelte in meiner Praxis das Telefon. Eigentlich war der Anrufbeantworter eingeschaltet, und ich war nur anwesend, weil ich den Notfallkoffer für meine beiden Koronarsportgruppen(6) holen wollte. Aber mir blieb noch etwas Zeit. Also schaltete ich, in der Annahme, dass einer meiner Patienten Hilfe benötigte, den Anrufbeantworter ab und ging an den Apparat. Es war aber kein Patient, der mich anrief, sondern der deutsche Vertragspartner der Akupunkturakademie in Peking. Man suchte einen Chefarzt für ein Emsländer Krankenhaus, wo man eine Abteilung für chinesische Medizin eingerichtet hatte. Im Zuge der eingetretenen Erfolge wurde nun eine erfahrene, deutsche Führungskraft benötigt, die den Spagat zwischen westlicher und chinesischer Medizin, zwischen Kassen- und Krankenhausmedizin und zwischen chinesischen und deutschen Mitarbeitern schaffen sollte. Bewerbungen lagen wohl schon vor, jedoch waren die gegenseitigen Ansprüche sehr hoch und die Entscheidung noch nicht getroffen worden. Dass ich für diese Aufgabe der Richtige sein sollte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Doch schon wenige Monate später hatte ich einen gut dotierten Beratervertrag in der Tasche, ein Jahr später war meine Praxis verkauft, und ich war leitender Arzt in einer chinesischen Abteilung an einem deutschen Krankenhaus in Bramsche, mit zwei chinesischen Professoren als Akupunktur-Experten.
Seit 2003 bin ich Honorarprofessor an der Universität Potsdam und biete den Studenten in den Ausbildungsbereichen Prävention und Rehabilitation das Fach Psychosomatik in Vorlesungen und Workshops an. Mit Psychosomatik ist hier natürlich nicht nur die westliche Psychosomatik gemeint, sondern auch die aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Da die chinesische Medizin in Diagnostik und Praxis immer ganzheitlich agiert, bietet sie in psychosomatischer Hinsicht ein Selbstverständnis, das weit über jenes der westlichen Medizin hinausgeht.
Die Voraussetzungen dafür sind natürlich bei der TCM wesentlich günstiger, da sie mehrere tausend Jahre Entwicklungszeit hat nutzen dürfen, während der Schulmedizin in diesem Fach nur wenig mehr als einhundert Jahre zur Verfügung standen. Wobei der Psychosomatik, als ganzheitliche Disziplin innerhalb der Schulmedizin, auch heute noch um Anerkennung kämpfen muss, das zwar zunehmend weniger, aber immer noch Kompetenzdifferenzen die Therapieentscheidung am Krankenbett erschweren.
Die Auseinandersetzungen werden aber auch in Zukunft eine Rolle zwischen Schul- und Alternativmedizin spielen.
Vor 15-20 Jahren wurde in Deutschland über die exotisch wirkende TCM eher gelächelt. Sie wurde nicht ernst genommen, weil sie vorwiegend von Heilpraktikern angewendet wurde. Diesen war jedoch der Zugang zur wissenschaftlichen Überprüfung an Universitäten, aufgrund ihres nicht akademischen Status, erschwert. Die wenigen Ärzte, die sich diesem Thema widmeten, kamen überwiegend aus der Praxis und hatten weder neben ihrem ärztlichen Grundversorgungsanspruch die Zeit, noch nach ihrer Niederlassung die Chance wieder an die Universitäten zurückzugehen, um dort zu forschen.
In den letzten 10 Jahren hat sich die Situation jedoch grundlegend verändert. International, die Chinesen und Amerikaner allen voran, wird geforscht. Sowohl Grundlagenuntersuchungen, als auch klinische Forschung beschäftigen sich mit der chinesischen Medizin. Trotz diesen Engagements wird die Traditionelle chinesische Wissenschaft nicht von allen Instituten entsprechend gewürdigt. Ein in Berlin ansässiges, international anerkanntes Test-Institut hat im Jahre 2005 eine Broschüre heraus gebracht, in der die Wirksamkeit von alternativen Heilverfahren dargestellt wird. Die Ergebnisse waren teilweise niederschmetternd. Auch die chinesische Akupunktur kam dabei nicht ungeschoren davon. Lediglich die drei Standard-Diagnosen der großen Krankenkassenstudien, nämlich Kopfschmerz, Rückenschmerz und Gelenkschmerzen wurden den Studienergebnissen entsprechend als mit der Akupunktur behandelbar dargestellt. Ansonsten stützen sich die Kritiker in der Regel auf die Untersuchungen von Prof. Ernst aus Großbritannien. Seiner Meinung nach gibt es nur wenige Studien, die den herkömmlichen universitären Ansprüchen genügen, um die Wirksamkeit der Akupunktur zu beweisen. Hier liegt allerdings ein großes Problem. Während die internationale Wissenschaft in der Regel großen Wert auf das Studiendesign, wie Doppelblindverfahren, große Fallzahlen und einheitliche Behandlungsverfahren legt, sind diese Vorgehensweisen fast schon ein Ausschlusskriterium für die Traditionelle Chinesische Medizin. Zwar sind auch hier große Fallzahlen sehr willkommen, jedoch Doppelblindstudien und fixierte Behandlungsstrategien entweder unmöglich oder behindern den Erfolg. Da die TCM sich sehr individuell mit dem Menschen, seinem inneren Gleichgewicht und seiner psychosozialen Einbettung beschäftigt, können natürlich keine standardisierten Behandlungsprogramme maximalen Erfolg bringen.
Man kann sagen, je individueller die Diagnostik in der TCM, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg. Zudem lassen sich Doppelblindstudien oder placebokontrollierte Studien nicht durchführen, da ethische Gründe sie verbieten würden. Professionell durchgeführte TCM hat eine so hohe Ansprechrate, dass sie den Placebopatienten nicht lange verwehrt werden darf. Um diese Professionalität zu erreichen, ist allerdings eine umfangreiche Ausbildung erforderlich, meines Erachtens von mindestens 1.000 Stunden außerdem ist ein hohes Maß an Erfahrung wichtig. Zum Beispiel empfehlen die chinesischen Experten 10.000 Pulsuntersuchungen um eine sichere chinesische Diagnose stellen zu können. Bei etwa fünf Untersuchungen pro Tag und ungefähr zweihundert Arbeitstagen pro Jahr sind das zehn Jahre Ausbildungszeit. Praktische Erfahrung in der Therapie ist ebenso notwendig, um einen Großteil der mehr als tausend Punkte sowohl von ihrer Lokalisation, als auch von ihrem Wirkspektrum und ihren Kombinationsmöglichkeiten her einschätzen und können. Nach Empfehlungen der Bundesärztekammer beschäftigen sich sei ca. einem Jahr die Länderkammern mit der Umsetzung, die TCM in die ärztliche Weiterbildungsordnung zu integrieren. Einige Ärztekammern, wie Bayern, Niedersachen und NRW haben diesen Prozess bereits abgeschlossen. Leider gibt es keine bundeseinheitliche Regelung über die Inhalte, obwohl die WHO in Peking einen Gegenstandkatalog, die sogenannten Guidelines, zum Thema Akupunktur hat erstellen lassen.
In einigen Bundesländern gibt es sogenannte, für die Ausbildung in Akupunktur ermächtigte Ärzte, die in ihrer Praxis am Patienten die Möglichkeiten der Akupunktur lehren. Es gibt aber in Deutschland noch zu wenige Ärzte, die sich ausschließlich mit der Akupunktur beschäftigen. Wobei gerade diese Spezialisierung zur höchsten Qualität in Diagnostik und Therapie führt. Ideal wäre die Einrichtung eines Facharztes für TCM oder für komplementäre Medizin. Ich befürchte allerdings, dass es 20 Jahre oder mehr benötigen wird, bis solch ein Facharzt im deutschen Gesundheitssystem etabliert sein wird. Selbstverständlich werde ich nicht untätig abwarten, bis es soweit ist.
Mein nächster Schritt in diese Richtung wird sein, die TCM-Ausbildung an die Universitäten zu holen und zwar sowohl für Studenten, als auch für bereits approbierte Ärzte. In den letzten 20 Jahren fand die Ausbildung überwiegend in Hotels statt, entweder in Deutschland oder aber auch im Ausland. Wobei oft nicht zu erkennen war, ob bei diesen Angeboten die Lehre oder die Erholung im Vordergrund standen. Zudem wurde aus Gewinnmaximierungsgründen die Ausbildung in großen, oft auch dreistelligen Gruppengrößen durchgeführt, die einen Dialog oder eine Supervision kaum zuließen. Davon hat sich die Kleingruppen- und zum Teil Einzelausbildung in China „Gott sei Dank“ wohltuend abgehoben.
Akupunkturzentrum Prof. Dr. med.
Günter H. Gunia
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